Widerspruch gegen Änderungsbaugenehmigung: Regierungspräsidium entscheidet für die Stadt Konstanz

Das Schreiben vom 24.1.2022 in Auszügen:

„Die Änderungsbaugenehmigung der Stadt Konstanz vom 17.12.2020 verstößt nicht gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften, die — worauf es ankommt — für die Entscheidung von Bedeutung sind. (…) Erforderlich ist ein Kausalzusammenhang zwischen der verletzten Rechtsvorschrift und der angegriffenen Entscheidung. Das bedeutet, dass ein zu- lässiger Rechtsbehelf unbegründet sein kann, obwohl ein Rechtsverstoß vorliegt, wenn der Verstoß sich auf die angefochtene Entscheidung nicht ausgewirkt, mithin für diese nicht von Bedeutung war. Dies ist vorliegend der Fall. (…) Nur nachträgliche Änderungen zugunsten des Bauherrn sind zu berücksichtigen. Änderungen zu seinen Lasten haben außer Betracht zu bleiben. (…) Für die Beurteilung, ob ein Verstoß gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften vorliegt, ist im Grundsatz allein auf die für den Natur- und Artenschutz relevanten genehmigten Änderungen des Außenbereichs abzustellen. Prüfungsgegenstand ist damit vorliegend allein die Neugestaltung des Außenbereichs in Form der Verschiebung des Außenbeckens in Richtung Westen nach Maßgaben des Grüneintrags. Die dar- über hinaus durch die angefochtene Entscheidung genehmigten Änderungen (Reduzierung des Untergeschosses, Änderung der Raumaufteilung, Erweiterung des Treppenhauses, Erweiterung der Tiefgarage) beziehen sich allein auf den Innenbereich des Vorhabens und wirken sich damit offenkundig nicht auf natur-und artenschutzrechtliche Vorschriften aus und sind bereits aus diesem Grund vorliegend nicht Ge- genstand der Prüfung. Zudem wurde die ursprünglich geplante Errichtung eines Café-Pavillons im südöstlichen Bereich des Vorhabengrundstücks durch Grüneintrag ersatzlos gestrichen. (…) Allerdings hat die Überprüfung auf Grundlage der nachgereichten Unterlagen — Formblatt zur Natura 2000-Vorprüfung — ergeben, dass ein Verstoß gegen das Verschlechterungsverstoß des § 34 BNatSchG durch die Änderungsbaugenehmigung der Stadt Konstanz vom 17.12.2020 nicht vorliegt. (…) Aus naturschutzfachlicher Sicht kommt es unter Berücksichtigung der allein relevanten geplanten Änderung des Außenbereichs vielmehr zu einer Verbesserung der Situation, da die ursprünglich vorgesehene Lageveränderung bzw. Vergrößerung des Außen- schwimmbeckens aus Gründen des Bauschutzes nicht möglich ist und der Einschwimmkanal zusätzlich um 5,00 m in der Länge verkürzt werden muss . (…) Die von der Widerspruchsführerin geltend gemachte Unzulänglichkeit des avifaunistischen Gutachtens wirken sich auf die Änderungsbaugenehmigung nicht aus. Auch der Umstand, dass im Frühling 2020 ein Horst des Schwarzmilans im Baumbestand des Baugrundstücks aufgefunden wurde, begründet keine abwei- chende Beurteilung. Denn durch die artspezifische Ergänzung des avifaunistischen Gutachtens (Stand 29.07.2020) nach erfolgter Begehung des Vorhabengrundstücks im Beisein der unteren Naturschutzbehörde sowie den in der Nebenbestimmung Ziffer 42 der angefochtenen Entscheidung enthaltenen artenschutzrechtlichen Maßnahmen (Beginn der Bauarbeiten außerhalb der Brutzeit und dauerhafte Erhaltung des Brutbaums) wurde dieser Aspekt ausreichend abgearbeitet. (…) Dieses Vorgehen ist auch nach Ansicht der höheren Naturschutzbehörde nicht zu beanstanden. (…) Mithin mangelt es bereits an einem Verstoß gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften, die für die Entscheidung von Bedeutung sind. Nach alledem vertritt das Regierungspräsidium die Ansicht, dass die angefochtene Änderungsbaugenehmigung der Stadt Konstanz vom 17.12.2020 nicht gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften verstößt, die für die Entscheidung von Bedeutung sind. Der Widerspruch war daher zurückzuweisen.

Interessant für die Genehmigungspraxis der Stadt sind folgende Erkenntnisse, die sich aus dem Schreiben ergeben:

  1. Am 27.5.2021 hat offensichtlich die Stadt Konstanz eine Teil-Baufreigabe für die Baugrube und den Baugrubenverbau erteilt, obwohl die Nebenbestimmungen zur Änderungsbaugenehmigung vom 17.12.2020 nicht vorlagen. 
  2. Am 8.7.2021 hat die Stadt Konstanz offensichtlich eine Einstellung der Bauarbeiten verfügt. (Aufgrund abgerutschter Böschungen der Baugrube mangels entsprechenden Verbauten wurden die Bauarbeiten … durch die Stadt Konstanz eingestellt.)
  3. Am 29. 9. 2021 erfolgte eine Baufreigabe zur Sicherung der Baugrube. (Steckträgerverlängerungen und zusätzlicher Spundwandverbau). (Nach erfolgter Überprüfung hat die untere Naturschutzbehörde mit Schreiben vom 27.10.2021 sowie vom 15.12.2021 zu den noch klärungsbedürftigen Aspekten abschließend Stellung genommen) 
  4. Erst am 20. Dezember ist eine Baufreigabe hinsichtlich des Zusatzverbaus, der Kranfundamente und der Bodenplatte wieder erteilt worden. (Mit Schreiben vom 20.12.2021 teilte die untere Baurechtsbehörde der Stadt Konstanz gegenüber dem Regierungspräsidium mit, dass die die Bauarbeiten auf dem Vorhabengrundstück (Zusatzverbau, Kranfundamente und Bodenplatten) zwischenzeitlich weiter freigegeben wurden)
  5. Damit ist offensichtlich eine Entscheidung über den Gesamtbau und eine Baufreigabe über den Gesamtbau noch nicht erfolgt.

Diese Befreiungen hat die Stadt Konstanz lt. Widerspruchsbescheid zugunsten des Bauherrn im Hinblick auf den Bebauungsplan von 1987 zugelassen:

  1. Überschreitung der überbauen Grundstücksfläche in Form der südlichen Baugrenze mit dem geplanten Wintergarten, 
  2. die Überschreitung der festgesetzten überbaubaren Grundstücksfläche bzw. der Fläche für Stellplätze und Garagen mit der geplanten Tiefgaragenerweiterung in wesentlicher Richtung sowie 
  3. eine von den zeichnerischen Darstellungen des Bebauungsplanes abweichende Zulassung der (öffentlichen) Wegeführung auf dem Grundstück.